Die „Atempause – ein Treffpunkt für Frauen mitten im Leben“ – lud in der Passionszeit zu einer kurzen Auszeit bei den evangelischen Marienschwestern in Darmstadt-Eberstadt ein. Circa ein Dutzend Frauen folgten der Einladung und es ging in Fahrgemeinschaften von Schaafheim nach „Kanaan“. An der Pforte zu dem weitläufigen Gelände begrüßte uns Schwester Lumena sehr herzlich, die für diesen Tag unsere Ansprechpartnerin und „Gäste-Betreuerin“ war.
Zunächst besuchten wir die Ruf-Jesu-Kapelle und schauten uns einen Film an. Anhand von historischem Bildmaterial bekamen wir Einblick in die Berufung der beiden Gründerinnen der Gemeinschaft, Mutter Basilea und Mutter Martyria. Durch den Film erfuhren wir viel über die Entstehung vom „kleinen Land Kanaan“. Eine Geschichte, die so voller Wunder und Gebetserhörungen ist, dass sie nur als Ermutigung und feste Bestärkung in unbedingtes Gottvertrauen dienen kann.
Im Anschluss an den Film nahmen wir am täglichen 15-Uhr-Gebet in der Mutterhaus-Kapelle teil. Hier wird jeden Tag zur Todesstunde Jesu eine ca. 15 bis 20-minütige Andacht mit Liedern und Gebeten gefeiert, die je nach Wochentag ein anderes Thema zum Gedenken an Jesus hat, z. B. letztes Abendmahl, Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung. Diese Andacht steht täglich auch externen Gästen offen, so dass neben uns und den Schwestern auch noch weitere Besucher teilnahmen.
Nach der Andacht erzählte uns Schwester Amadee viel Interessantes über die Mutterhaus-Kapelle. Direkt nach dem Krieg bekamen die Schwestern Trümmersteine der Darmstädter Bombennacht von der Stadt Darmstadt geschenkt. Unter der Anleitung von zwei Maurern erbauten die jungen Schwestern, alle im Alter von Anfang bis Mitte 20 und handwerklich völlig unerfahren, eine wunderschöne Kapelle – im Grundriss eines jüdischen Tempels. Die bunten Glaskunstfenster mit Darstellungen des Kreuz- und Leidenswegs Jesu gestaltete eine der Schwestern aus Glasresten, die sie sich bei einer Darmstädter Glasbläserei abholen durfte. So wurden aus Trümmern, Zerstörung und Weggeworfenem eine Stätte der Anbetung!
Auch die anderen Kunstwerke auf Kanaan und die Engelskulpturen in der Kapelle wurden von einer Künstler-Schwester gestaltet. Diese Schwester ist heute 100 Jahre alt und lebt immer noch auf Kanaan. Im Anschluss an den Besuch in der Kapelle beantwortete Schwester Lumena noch unsere Fragen und erzählte uns, dass es derzeit ca. 100 Schwestern aus 19 Nationen gibt, die in Darmstadt auf Kanaan leben, dazu noch etwa 30 Schwestern im Ausland, z. B. in USA und Brasilien. Jedes Jahr besuchen viele Gäste aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch aus dem Rest der Welt, sogar aus den USA, Canada und Korea die Gemeinschaft. Jugendliche nehmen die Möglichkeit wahr, in freiwilligen Einsätzen für einige Wochen oder Monate Zeit auf Kanaan zu verbringen und z. B. bei der Gartenarbeit, der Obst- und Gemüseernte oder in der Druckerei zu helfen.
Zum Ende des Nachmittags hatten wir Gelegenheit zu einer stillen Zeit in der Natur.
Jede für sich konnte den Leidensgarten Jesu begehen, bevor wir zum Schluss noch einmal alle zu einer Abschlussrunde in der Ruf-Jesu-Kapelle zusammenkamen.
Schwester Lumena sang mit uns ein Segenslied und spendete einen Reisesegen, so dass wir uns geistlich gestärkt wieder auf den Weg von der Atempause in den Alltag machen konnten.